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Nordindien – Teil 1 – Dezember 2009

Wir sind nicht zum ersten mal in Indien, für Susanne ist es sogar das sechste Mal. Und doch ist das Land immer wieder gewöhnungsbedürftig – im Positiven, wie im Negativen – halt  „Incredible India“ – wie es die Tourismuswerbung verheißt.

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Und immer noch ist man als Tourist für viel Inder interessant – sei es für ein Foto, oder auch nur um Englisch zu üben. Hundert mal beantworten wir geduldig die Fragen “what is your good name” oder “what is your county”.

Delhi

Zum Übernachten bietet sich eines der vielen Guesthäuser um den MAIN BASAR an. Kommt man, wie wir, spät nachts an, wirkt die Gegend wenig einladend. Der MAIN BASAR ist ein Gewirr engster Gassen – voller Händler, Imbissbuden, Restaurants – bunt, laut und ziemlich schmutzig. Wie eh und je werden die Waren noch mit den archaisch anmutenden Ochsenkarren angeliefert

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– die schönen Tiere schreiten mit stoischen Gelassenheit majestätisch durch das hupende Gewusel aus Autos, Motorrollern und Rikshas. Wobei das Hupen gar keinen Sinn macht, da alles hupt was fährt und somit keiner darauf reagiert bzw. auch nicht reagieren kann.

Und noch immer werden Indiens „heiligen“ Kühe, die gemächlich  mitten auf den Strassen wiederkäuen, respektvoll umfahren. Meist tummeln sie sich auf der Suche nach “Futter” in Gesellschaft herrenloser Hunde und Schweine auf ekligen Abfallbergen – eine Müllabfuhr gibt es selten.

Zwei Tage erkunden wir die Sehenswürdigkeiten Delhis – z.B. hier die große Moschee.

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Dann setzt eine brutale Lebensmittelvergiftung Ludwig außer Gefecht. Drei Tage hängt der Arme in der Praxis eines Arztes am Tropf. Danach machen wir uns auf Richtung Norden nach Rishikesh.

Der Nachtzug nach Haridwar steht schon bereit, wir steigen ein und versuchen gerade zu klären, warum unsere reservierten Plätze bereits besetzt sind, als der Zug zu früh abfährt. Da kapieren wir: Wir müssen im falschen Zug sein! Ludwig rennt los und sucht vergeblich einen Schaffner. Ein Inder spricht ihn an und sagt, er solle den Zug einfach anhalten. Wo? Wie? Der Inder zieht die Notbremse – der Zug bleibt stehen und wir steigen aus in die stockdunkle Nacht. Am Zugende stehen drei Zugbegleiter mit Taschenlampe und wir erwarten, dass sie uns nun festnehmen. Aber nichts dergleichen geschieht. Der Zug fährt wieder an und wir tippeln auf den im wahrsten Sinne des Wortes beschissenen Bahnschwellen Richtung Bahnhof. Dort wartet schon der richtige Zug, in dem wir auch unsere reservierten Betten vorfinden.

Rishikesh

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Von Haridwar ist man schnell in Rishikesh. Der heilige Ort ist durch die Beatles bekannt geworden, sie haben hier bei ihrem Guru, dem Maharishi, meditiert. Zahllose, z.T. riesige Ashrams (Pilgerherbergen) und Guesthäuser säumen die Gangesufer, an der Stelle, wo der Fluss den Himalaya verlässt. Wir beziehen ein einfaches Zimmer im Omkarananda-Ashram mit Blick auf die Ghats (Badetreppen), wo täglich lautstarke Gebetszeremonien für die indischen Pilger abgehalten werden. Rishikesh ist ein spirituelles Zentrum – überall werden Yoga- und Meditationskurse angeboten, aber auch Vedic-Talking (d.h. Einführung in die altindische Philosophie der Veden).

Jeden Abend besuchen wir den Ijengar-Yoga Kurs in unserem Ashram, den eine sehr strenge  Schweizerin leitet und vor dem Frühstück wird meditiert. In unserer Freizeit wandern wir am Ganges entlang, wo so manch seltsam anmutender Sadhu (heiliger Mann) eine Rast einlegt,

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oder wir schauen den lustigen Affenfamilien zu, die auf den Seilen der Hängebrücken akrobatisch turnen.

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Viele westliche Touristen sind Langzeitgäste und so kam es, dass wir im Shivananda-Ashram eine Weihnachtsfeier weit weg von Europa erlebten. Vor einer Krippe wurden von durchgeistigten, weiß gekleideten „Jüngern“ Weihnachtslieder auf spanisch, französisch, deutsch, holländisch, englisch gesungen und am Schluss gab es auch noch Plätzchen!

Ein paar Kilometer flussabwärts liegt die Stadt Haridwar, einer der wichtigsten Wallfahrtorte für Hindus. Hier reinigt ein Bad im Ganges besonders gut. Trotz der bitteren Kälte lassen es sich die Pilger nicht nehmen, in den heiligen Fluten unterzutauchen.

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Wenn mal nicht gebetet oder gebadet wird, schiebt sich die Menschenmasse durch die engen Einkaufsgassen: Pilgern ist halt ein riesiges Geschäft

Die Stadtverwaltung bereitet sich gerade auf das ab 15. Januar beginnende, alle 12 Jahre mit riesigem Aufwand gefeierte Kumb Mela Fest vor. Unvorstellbar, es werden mehrere Millionen Pilger erwartet, für die riesige Zeltstädte errichtet werden.

Es ist so kalt und nebelig geworden, dass wir hier nicht bis zum Festbeginn warten wollen. Aber die allabendlich stattfindende Puja (Gottesdienst) mit Feuerzauber und Glockengeläut ist auch schon beeindruckend.

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Auf unserem Weg nach Rajastan machen wir trotz Nebel und Regen Halt in Agra, um das Taj Mahal zu besichtigen. Vom imposanten roten Fort leuchtet das weiße Mausoleum durch den abendlichen Dunst besonders schön zu uns herüber.

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Von Agra erreicht man in 6 h Busfahrt Jaipur, die Hauptstadt Rajastans. Die “pink ctiy” (wegen der vielen rosafarbenen Gebäude)  ist für den ausgefallenen Palast der Winde bekannt

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– und sie ist das Einkaufsparadies für Profis. Das Angebot im Bazar ist gigantisch – knallbunte, paillettenbestickte Saris ziehen die Damen an, Turbangeschäfte die Herren, und so viel wunderschönes Kunsthandwerk. Hauptgeschäft ist aber der Edelstein- und Schmuckmarkt – hier angeblich so günstig, wie sonst nirgends auf der Welt. Der Verkehr – zum Großteil Motor-Rikschas – ist höllisch und man wundert sich immer, wenn man nach so einer Fahrt heil aus dem kleinen Gefährt kraxelt.

Das nahegelegene verlassene Fort Amber,

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ein ehemaliger Mogulpalast, zieht eine Menge Touristen an – natürlich auch Indische.

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Der nächste Pilgerort ist Pushkar – ein eher kleines, aber tempelgespicktes Dorf

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mit einem – wie soll’s anders sein – heiligen See (ein Teil der Asche Gandhis wurde hier bestattet). Leider ist momentan das Wasser verschwunden, so müssen die Pilger in dubiosen Becken baden.

Bei ausländischen Touristen ist Pushkar für sein jährlich stattfindendes Kamelfestival und seine chillige Atmosphäre bekannt. Jede Menge Hostels und Souvenirgeschäfte, gemütliche Kaffees und Dachrestaurants und Joints gibt’s natürlich auch.

Unser nettes Dachterrassenzimmer liegt nah bei einem Ashram, wo tag und nacht lautstark gepredigt und gelehrt wird – irgendwie ist es in Indien immer (schrecklich) laut.

Weil es auch hier noch – insbesondere nachts – saukalt ist, beschließen wir nun Rajastan in Richtung Süden – nach Madhia Pradesh – zu verlassen.

Bundi – Kitefestival

Als wir nach Bundi kommen, um den über der kleinen Stadt thronenden Palast zu besichtigen,

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laufen gerade die letzten Vorbereitungen für das Kitefestival: Kleine Papierdrachen schaukeln zu Hunderten im leichten Wind. Von allen Flachdächern dröhnt indische Rockmusik, zu der jung und alt ausgelassen tanzt. Ohne den unvorstellbaren Lärm geht eben nichts.

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Nicht nur in dieser Stadt sondern in der ganzen Region wird das Fest gefeiert. Das war nicht zu übersehen, denn wo wir auch hinkamen, hingen die Bäume, Masten und Leitungen voller „gestrandeter“ Papierdrachen.

Mandu

Nach all den lauten Städten finden wir in dem winzigen Dorf Mandu, mit seinen über eine Hochebene verteilten stimmungsvollen Palastruinen, endlich eine Oase der Ruhe. Laut wird es nur, wenn die Affenbanden über die Dächer tollen.

Die teilweise restaurierten, zwischen dicken Baobabbäumen stehenden Gebäude aus der Mogulzeit lassen sich bequem mit dem Fahrrad erkunden. Und das Rupmati-Resort mit seinen gepflegten Gartenanlagen und Blick auf die grüne Ebene lassen uns den Aufenthalt wie ein Kurzurlaub erscheinen.

Maheshwar – Wohnen im Palast

Abseits der Touristenströme liegt Maheshwar. Wir wohnen romantisch im noch gut erhaltenen Maharadschapalast, der hoch über dem Fluss Narmada thront. Der Blick hinunter zum Ufer, wo das „einfache Volk“ nicht nur sich und die Wäsche wäscht, sondern an den vielen Tempelchen und Altärchen betet und Blumenkränze, Kokosnüsse und Räucherstäbchen opfert, lässt Gebieterstimmung aufkommen.

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In der Nähe findet gerade ein internationales Treffen der esoterischen Homa-Anhänger statt. Wir werden zur abendlichen Zeremonie eingeladen, wo die Teilnehmer exakt zum Sonnenuntergang Mantra murmelnd in kleinen Kupferpyramiden aus getrocknetem Kuhdung und Butterschmalz Feuerchen entfachen.

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Das Feuer soll angeblich die Atmosphäre reinigen und aus der Asche wird wirksame Medizin hergestellt (eine Österreicherin hat uns erzählt, dass sie damit die offenen Beine ihrer Oma heilen konnte).

Omkareshwar

Der sehr heilige Pilgerort Ohmkareschwar wäre vergleichbar mit Andechs, wenn da nicht statt der Kirche die zahlreichen Tempel, statt dem Kloster die Ashrams, statt dem Berg eine Flussinsel, statt Kuhherden Affenbanden …… und statt dem Grüß Gott das Hari (hari bedeutet -heilig-) Ohm der Pilger wäre.

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Und – wenn es nicht so unglaublich verdreckt und vermüllt wäre. Da kaum westliche Touris hier aufkreuzen, gibt es auch keine akzeptable Unterkunft – so müssen wir in einem total runtergekommenen „Hotel“ nächtigen. Als wir abends vor verschlossener Türe klopfen, bedeutet uns die Hausmeisterin, wir sollen doch unten, wo die Glasscheiben der Türe fehlten, reinkriechen.

In den Pilgershops gibt es eine phantastische Auswahl an Lingams. Ein Lingam ist alles, was nur andeutungweise an einen Penis erinnert – überall in Indien wird er als Symbol für die Schöpfung verehrt.

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In den Tempeln stehen die Pilger Schlange und trampeln sich fast zu Tode, um das „Allerheiligste“ (den Lingam) mit Milch zu begießen und mit Blumenketten zu schmücken. Natürlich hat das keinerlei sexuellen „Beigeschmack“.

Unsere Indienreise ist noch nicht zu Ende: Indien – Teil 2 – kommt demnächst im Blog.

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