Myanmar -Februar 2009
Myanmar – das goldene Land
In Bangkok besorgen wir uns Dollar, Visum (30 Tage) und Flugticket für Myanmar. Nach 35 Jahren komme ich nun zum zweiten Mal nach Yangoon, wo wir im Okinawa Guesthouse absteigen. Erst geht’s zum Geldwechseln, es gibt ja dank dem Boykott des Militärregimes keinen einzigen ATM im Land. In einem Hinterzimmer zählen wir dann dicke Kyatpakete (Kyat = Landeswährung, 1 Dollar = 1050 Kyat).
Beim Besuch der berühmten Shwedagon-Pagode wird’s nun richtig buddhistisch!
Myanmar ist ja ein durch und durch buddhistisches Land und seine Bewohner verstehen sich als Lieblingsvolk Buddhas. Schon von fern leuchtet der elegante goldene Stupa, in dem 8 Haare Buddhas aufbewahrt werden. Der Stupa ist mit 13.000 vergoldeten Kupferplatten verkleidet, allein das Gold wiegt fast 10 Tonnen! Wie immer vor dem Betreten der Heiligtümer, müssen wir die Schuhe ausziehen, dann geht’s treppauf vorbei an Devotionalienhändlern auf eine ca. 6 Hektar grosse Plattform, in eine andere, eine besinnliche, tief religiöse Welt.
Einen ganzen Tag nutzen wir unser 10 Dollar Ticket um den Gläubigen zuzusehen, die in Schreinen und Gebetshallen meditieren, vor goldenen Budhhastatuen niedersinken, ihre Geburtstagssymbole waschen …. oder auch nur schlafen und picknicken.
Ludwig hat sich ein bisschen geärgert, denn, da an einem Freitag geboren, ist sein Geburtstagssymbol –
– ein Meerschweinchen (meines ist der Tiger = Montag) – er hat daher auf die glückbringende Waschung verzichtet; ich habe meinen Tiger dagegen mit 2 Schüsseln Wasser begossen.
Zum nächsten Pilgerort, dem Golden Rock, rumpeln wir beengt 8 Stunden lang in einem alten Bus. Im „Basislager“ Kinpu wird „sinnigerweise“ überall Kriegsgerät verkauft – alles gediegene Handarbeit aus Bambus.
Wir Pilger lassen uns in einer Art Viehtransport zum Ausgangspunkt karren, von wo man noch ca. 1 Stunde zu dem Heiligtum aufsteigen darf. Natürlich kann man sich, so wie die Touris aus Thailand, auch auf einer Sänfte hoch tragen lassen.
Entlang des Aufstiegs werden allerlei Heilmittelchen verkauft – besonders gesund ist wohl der Tausendfüsslertee –
– und ein Öl, das aus ekligen Fettschwarten mit Bergziegenköpfen tropft.
Der golden Felsen hängt angeblich an einem Haar Buddhas; das stimmt wohl, denn sonst wäre er sicher schon lange den Berg hinuntergerollt. Sehr frauenfeindlich ist, dass nur Männer ihr Blattgold an den Stein kleben dürfen.
Weiter südlich in Pa’an gibt’s dann mal richtig viele Buddhas zu sehen – 2 Höhlen voll und im riesigen Buddhapark sitzen gleich 2000 davon.
Wunderschön ist die Fahrt mit einer uralten Fähre nach Moulmein. Die kleine Stadt hat ausser einem Pagodenberg nicht viel zu bieten – aber, mit herrlichem Blick auf den Fluss, wandert man von Stupa zu Stupa und von Kloster zu Kloster.
Zurück nach Norden, Richtung Inle-See, nehmen wir zur Abwechslung den Zug – Upper Class natürlich, sonst müssten wir auf harten Holzbänken darben. Trotz sehr moderater Geschwindigkeit schaukeln die Wagons beängstigend. Doch das bunte Treiben und die lukullischen Angebote an den kleinen Dorfbahnhöfen machen die Fahrt unvergesslich.
In Bago übernachten wir. Es bleibt noch Zeit, in einem Kloster den Mönchen beim Essen zuzusehen und einen grossen liegenden Buddha zu besichtigen,
bevor wir uns in den Bus nach Kalaw zwängen, der uns in dem Bergstädtchen nach 18 Stunden !!! Fahrt um 3 Uhr nachts ablädt.
Drei Tage trecken wir zum Inle-See. Bei angenehmen Temperaturen geleitet uns unsere nette Führerin durch eine mediterran anmutende hügelige Agrarlandschaft mit Teeplantagen und v.a. Weizenfelder – fehlen nur die Zypressen (und die Pizza). Industrialisiert ist hier noch gar nichts! Strom gibt’s nicht, transportiert wird mit Ochsenkarren, der Rest ist Handarbeit – wie hier das Dreschen.
Die erste Nacht schlafen wir auf dem Bauernhof, es ist eiskalt –
– die zweite Nacht verbringen wir im Kloster –
– in vom Gebetssaal abgetrennten Kabinen. Um 4 Uhr früh weckt uns das Morgengebet der neun Novizen – ca. zehnjährige Buben, die mit Inbrunst Tag und Nacht ihre buddhistischen Texte, die Tipikata, lernen und rezitieren – alles in Pali, der alten Sprache Buddhas. In Myanmar wird der Theravada-Buddhismus (alte Schule) praktiziert, mit dem Dalai Lama haben die hier nichts zu tun. 54.000 Klöster gibt’s im Land und die roten Mönchsroben gehören zum Strassenbild, denn nach dem Frühstück ziehen sie los, um in ihren Schalen das Mittagessen zu sammeln – danach darf nichts mehr gegessen werden. Für das normale Volk ist es eine Ehre, geben zu dürfen. Das bringt Punkte hinsichtlich des Erreichens von Nirwana (= nicht mehr wiedergeboren werden). Übeltäter müssen ihr nächsten Leben als Ratte oder als anderes fieses Tier fristen. Beeindruckend sind übrigens auch die zahlreichen, gut besuchten Meditationszentren im ganzen Land, wo die Menschen ihr Selbst ergründen.
Nach 60 km staubiger Wanderung erscheint der Inle-See wie eine grüne Oase
und wir geniessen eine heisse Dusche im netten Aqurius Inn im travellergerechten Dorf Nyaungshwe. Auf einer Bootstour erlebt man, wie die Einheimischen vom und auf dem Wasser leben: Bunte Märkte, schwimmende Gemüsegärten, die hin- und hergeschoben werden können, Pfahlbautendörfer und die akrobatischen Einbeinruderer
– besichtigen kann man auch die Cherootherstellung (= eine Art Zigarillo), eine Lotosweberei, die Schirmmacher und ein paar “Langhals -Frauen“ vom Stamm der Padaung (ihr „Schmuck“ wiegt einige Kilogramm!!).
Und natürlich leuchten rund um den See und von den umliegenden Bergen wieder zahllose goldene Pagoden.
Nach Mandalay, der alten Königsstadt, geht’s wieder sehr gemütlich im Zick-Zack durch die Berge mit dem Zug. Da die Stromversorgung hier (wie im ganzen Lande) nur bruchstückhaft funktioniert steht vor jedem Haus ein Generator – also Licht aus, alle Generatoren an und das mindestens 10 Mal jeden abend – ein Höllenlärm. Von 2 Riksha-Fahrern lassen wir uns die Stadt und ihre Sehenswürdigkeiten zeigen:
Den riesigen ehemaligen Königspalast, die Kuthodaw Pagode – um einen goldene Stupa herum stehen hier 729 kleine Tempel. In jedem steht eine Marmortafel. Die aufwändige Verewigung buddhistischer Texte auf diesen 729 Marmortafeln hat der Pagode den Beinamen „Das größte Buch der Welt” eingebracht.
In einer benachbarten Pagode stehen noch mehr solcher Steintafeln – das sind die ausufernden Kommentare (wie im richtigen Leben).
Noch mehr Pagoden? Aber natürlich – egal wo man hischaut!
Mal was ganz Profanes ist der Jademarkt – wo zig Händler Jade an- und verkaufen. Der – je nach Qualität – sehr teure, grüne Stein wird begutachtet, geschnitten und poliert.
Nach Bagan kann man sowohl mit dem Schiff als auch mit dem Bus fahren. In einer savannenartigen Ebene künden über 2200 Tempel, Pagoden und Klöster von der religiösen Bedeutung der einstigen Königsstadt.
Die heute teilweise renovierten Ruinen wurden im 11. und 12. Jahrhundert nach Chr. errichtet und – wie so vieles in Asien – von den Mongolen überrannt. Eine Besichtigung mit dem Radl ist wegen der Hitze und der Sandpisten anstrengen, aber schön – zumal unser super Hotel, das „Golden Express“ Erholung am tollen Pool bietet (20 $ fürs DZ mit Frühstück). Unvergesslich die Sonnenuntergänge und die aus dem Dunst aufsteigenden, fast surreal anmutenden „Schlösser“.
Die kleinen Dörfchen entlang dem breiten Irravadi-Fluss leben vom Tourismus, leider läuft das Geschäft momentan schlecht.
Ein halbtägiger Ausflug führt uns zum spektakulären Mt. Popa,
den Berg der Nats – das sind Dämonen oder Geister, die hier verehrt und besänftigt werden. Wir hatten schreckliche Fratzen erwartet und waren ziemlich erstaunt eine Schar freundlich dreinblickender Damen und Herren vorzufinden, nur die Macheten in ihren Händen lassen Ungemach vermuten.
Mehr Angst verbreiten eher die vielen frechen Affen, die überall rumlungern.
Zum Abschluss fliegen wir nach Thandwe und gönnen uns noch ein paar Urlaubstage am traumhaft schönen, fast menschenleeren Nagpali-Beach – angeblich ist der Name von Napoli (Neapel) abgeleitet.
Noch was zu den Frauen im Lande: Am auffallendsten ist ihr Make-Up – jedes Gesicht ist mehr oder weniger dekorativ mit Thanaka bedeckt, das ist eine Paste aus Baumrinde.
Das Zeug soll gut für die Haut sein, angeblich haben die Leute keine Pickel – oder man sieht sie halt nicht. Auch ungewöhnlich ist, dass als Schönheitsideal ein möglichst kleiner Busen erwünscht ist. Hier noch ein Geschenktipp: Meinen blauen Lidschatten hätte jede junge Dame so gerne ausprobiert – leider hatte ich nur ein Exemplar dabei – doch beim nächsten Myanmarbesuch habe ich sicher Lidschatten in allen möglichen Farben als Geschenk im Reisegepäck.
Und die Männer? Fast jeder Mann trägt einen Longyi, das ist eine Art Wickelrock – leider haben wir nicht herausfinden können, was Mann drunter trägt. Desweiteren sind viele süchtig nach Betel – das ist die Nuss der Areca-Palme. Hübsch in grüne Blätter verpackt und mit gelöschtem Kalk beschmiert wird die leichte Droge an jeder Ecke verkauft. Genügend lange gekaut, entsteht ein blutroter Saft, der dann in die Gegend gespuckt wird – leider lachen einem aus manchem Mund auch entsprechend verfärbte Gebisse an.
Zusammenfassend können wir sagen, Myanmar ist ein wunderbares, günstiges Reiseland; klimatisch sehr angenehm (bei weitem nicht so feucht, wie in Thailand und nachts kühl). Trotz tw. erheblicher Armut und mittelalterlicher Strukturen auf dem Land sind die Menschen sehr freundlich und man fühlt sich absolut sicher. Inzwischen kann man sich als Traveler frei bewegen – abgesehen von einigen gesperrten Gebieten – es gibt nette günstige Unterkünfte (natürlich kann man auch sehr edel und teuer absteigen – ich will hier nur das wunderschön renovierte, koloniale Hotel Strand in Yangoon erwähnen). Die Strassen sind verdammt schlecht – d.h. lange Fahrzeiten! Wer keine Zeit hat, sollte fliegen – gute Verbindungen. In den Städten gibt’s inzwischen auch schon zahlreiche, günstige Internetcafes.
Wir meinen, man sollte Myanmar besuchen, anstatt es zu boykottieren. Was sollen die vielen Menschen denn machen, die im touristischen Bereich arbeiten oder sich eine Kleinexistenz aufgebaut haben, wenn keiner mehr kommt – in diesem Sinne – auf nach Myanmar!!
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