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Hochzeitstag

“Nein”, kommt es von der netten Dame am Vietnam Airways Eincheckcounter am Flughafen vomn Hanoi, und schon klingt sie garnicht mehr so nett, ” das Visum ist abgelaufen”. Mit den beiden Paessen unter’m Arm und, in Anbetracht meiner schwindenden Begeisterung ist sie auf und davon, um Verstaerkung zu holen.

Dabei hatte der Tag gut angefangen; fuer einen Hochzeitstag, zumindest. Ich hatte ihn naemlich nicht vergessen, obwohl wir mitten in der Nacht aufstehen durften und ich meine Liebste mit einem “herzlichen Glueckwunsch zum Hochzeitstag” aus den Traeumen gerissen und hoffentlich ein paar Pluspunkte gesammelt hatte. Auch Fruehstueck und Fahrt zum Flughafen verliefen harmonisch und optimal, trotz des Staus in der Hanoi’schen Morgenrushhour. Man fragt sich allerdings, wo die alle morgens um sechs schon hin wollen. Unser Fahrer, d.h. wir wollten, wie gesagt, zum Flughafen. Schoen frueh, versteht sich, damit die Schlange kurz und das Einchecken stressloser ueber die Buehne geht, es sind immerhin 30 Grad im Schatten, die Sonne ist gerade aufgegangen und die Halle ist gross zum Kuehlen.

Waehrend mir das durch den Kopf geht, steht die junge Dame mit gezwungenem Laecheln mit einem umso grimmiger aus der Waesche guckenden Uniformierten wieder vor mir. Ich darf mit ihm gehen, wird mir zu verstehen gegeben, und dass eine deftige Strafe drohe. Mein Hals schwillt, ob der Ungerechtigkeit und meiner Hilflosigkeit sichtbar an, ich balle (im Geiste) alle Faeuste und mein Zaehneknirschen wird nur vom laut quietschenden Gepaeck-Foerderband uebertoent, waehrend ich dem gruenen Maennchen folge. Und sitze ich auch schon in einem kleinen Zimmer mit weiteren Zollmenschen, die alle irgendwie aehnlich triumphierend dreinschaun, als sei ihnen Osama Bin Laden persoenlich in die Faenge geraten.

Ordner werden herbeigeschleppt und Unmengen an Vorschriften und Formularen vor mir ausgebreitet. Es wird mir deutlich zu verstehen gegeben, dass ich eine Straftat begangen habe. Ich erinnere mich rechtzeitig, dass ich in Vietnam bin, mein Hals schrumpft schlagartig zurueck, nur meine Pupillen bleiben geweitet: Vor meinen Augen laufend die Besuche mehrerer vietnamesischer und kambodianscher Gefaengnisse ab, und ich sehe uns beiden bereits in Eisen und angekettet die naechsten Jahre in irgendwelchen Kerkern vor uns dahinvegetieren. “Wenn der nicht staendig so bloed grinsen wuerde” denk ich mir gleichzeitig, ” nur Dein Geld wollen die”. Und schon fang ich wieder an zu erklaeren.

Fehler! Die eben noch einigermassen freundlich laechelnde Dame, ebenfalls in Gruen, zueckt einen knallroten Ordner, und findet prompt eine weitere Verordnung, die sie mir die Nase haelt. “2.5 Millionen Dong koennte Dich der Spass kosten”, droht sie, und ich ueberlege mir, ob hier verhandelt werden kann. Mein Gegenangebot von einer Million stoesst auf muedes Grinsen, waehrend ich verweifelt versuche, umzurechnen. Als Gegenreaktion sehe ich, wie die Dame einfach zwei Formulare ausgefuellt vor mich hingelegt, und mich recht deutlich auffordert, zu unterschreiben. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein schrecklicher Hochzeitstag ohne Ende, denk ich mir, unterschreibe und zahle ein gutes mittleres Jahresgehalt eines Vietnamesen. Kaum sind die gruenen Scheinchen in der Schublade verschwunden, kehrt die vietnamesische Freundlichkeit und ihre Englischkenntnisse zurueck, und wir duerfen den Flieger nach Laos widererwartend doch besteigen. Der Tag ist noch keine acht Stunden alt.

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Es heisst vergessen und vergeben, in welcher Reihenfolge auch immer. Der Flug hilft, kaum jemand ist so frueh per Flieger unterwegs, denn die meisten Schlauen traveller mit oder ohne ausgelaufene Visen schlagen sich klammheimlich durch den Urwald ueber die Grenze, wenn sie das gastliche Vietnam verlassen. Ich liege also auf drei Sitzen, und auch die beiden, voruebergehend arbeitslosen Stewardessen verlieren sich irgendwo in der Kabine. Nach Vergnuegen ausgebreitet hat sich auch meine liebe, schwer gepruefte Reiseanstifterin, allein Freude mag nicht so richtig aufkommen. Das Visadebakel geht auf meine Kappe, hoffentlich gibt’s in Laos preiswerte Diamanten.

Wir sind gelandet, Besatzung und etwa gleichviele Passagiere verlieren sich in der Abfertigungshalle. Irgendwelche Zettel wollen ausgefuellt werden, in Englisch und ich wundere mich ueber die Hilfsfreundlichkeit der Laoten. Unmotiviert grinst mich derweil ein Zoellner an und ich ueberlege, ob er wohl ueber die Episode im Nachbarland unterrichtet ist. Aber auch der Mann am Visaschalter laechelt in einer Tour und freut sich wohl, dass er endlich ‘was zu tun bekommt; genau ein kleiner Flieger, unserer, steht auf dem gesamten Fluglatz. Tapfer trenne ich mich von weiteren wertvollen greenbacks, mit denen wir in Laos bequem eine Woche  haetten leben koennen und wandere zum naechsten Zollbeamten. Der stempelt, was das Zeug haelt und traeufelt irgendeine Fluessigkeit auf Stempelkissen und Zunge, kein Wunder, dass auch er permanent freundlich ist. Wie wir in den naechsten Wochen erfahren werden, sind laechelnde Menschen in Laos keine Seltenheit. Im Gegenteil, Laecheln ist der Standard und es wirkt auf die Dauer ansteckend. Und wenn nicht, hat der Gegenueber Pech gehabt, auf lautstarkes Gemeckere wird gelaechelt, auf Gebruell ebenso laut mit einem Lachen gekontert.

In der Zwischenzeit drehen unsere Ruecksaecke Runde ueber Runde auf dem Karusell in der Ankunftshalle, und wir kommen gerade noch rechtzeitig, bevor sie irgendeiner der vielen Hilfsorganisationen gespendet werden. Dem Reisespuk endgueltig ein Ende macht der freundliche Mensch vorm Flughafen, der mit seinem Begruessungsschild “Maria” geduldig wartet. In einem reichlich in die Jahre gekommenen Rangerover schaukeln wir su unerer naechsten Bleibe etwas ausserhalb des niedlichen Dorfes Luang Prabang.  Wir wohnen in einem einfachen Reis-Stroh und Holzhuettchen, finden das zum Himmel hin offene Badezimmer himmlisch und hoffen, das Schlangen und Spinnen das nicht so sehen. Das Mosquito Netz wird ueber der Kingsize Matrazze festgezurrt, die Schenckel dick mit Spray eingesprueht und die Malariapillen eingeworfen.

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Es ist immernoch Hochzeitstag und die Fest muessen gefeirt werden, wie sie fallen. Vergessen habe ich, was bis abends ablief, aber wir goennen uns ein schoenes Dinner im Urwald und spuelen den Aerger vom Morgen mit einer grossen Flasche Bier herunter.

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Bei unserer Erkundungstour von Luang Prabang am naechsten Morgen stellen wir fest, dass die ehemalige Kaiserstadt doch einiges zu bieten hat, und verlaengern prompt unseren Aufenthalt. Im ueberdachten Einbaum geht es den Mekong auf und ab, wir schauen uns Hoehlen mit Buddhas an, reiten auf Elefanten durch Wasserfaelle und schwimmen in Gebirgsgewaessern. Irgendwie ueberleben wir alles und schon geht es wieder weiter in Richtung “Plain of Jars”. Die Strasse dorthin ist schmal wie ein befestigter Feldweg, und rechts und links geht es abwechelnd senkrecht nach unten oder nach oben, hunderte von Metern. Der Fahrer hat alle Haende voll zu tun, auf der Strasse zu bleiben, aber findet merkwuerdigerweise immernoch Gelegenheit, CD’s aufzulegen, das Karaoke Program auf dem Fernseher zu verfolgen oder aber das gelegentliche Telefonat zu fuehren. Trotzdem liefert er uns heil in der “Ebene der Toepfe” ab., weil dort vor ‘zich Jahren irgendwelche Urkulturen massenweise Riesentoepfe hinterlassen haben, in denen Ueberbleibsel der Verstorbenen incl. wertvoller Habseligkeiten bestattet wurden.

Eben ist sie allerdings nicht, die Ebene. Schon garnicht topfeben, denn mit viel Glueck und Geschick chauffiert uns am naechsten Tag ein kleiner Minibus ueber einen lehmigen Feldweg zu den Ausgrabungsstaetten. Meine letzten noch heilen Bandscheiben drohen sich in einem der 1000 Schlagloecher endgueltig zu verabschieden, als der Fahrer zum Glueck anhaelt. Bevor wir losmarschieren, warnt er uns netterweise noch vor herumliegenden Minen und “Boembchen”, die Gastgeschenke, die Kaempfer verschiedener Laender hier von 3  Jahrzehnten zurueckgelassen haben. Und dann sehen wir sie, die tonnenschweren Kruege, und hoeren, das keiner genau weis, was sie zu bedeuten haben (das lernen wir erst im Museum in Vientiane, der Hauptstadt von Laos). Jedenfalls stehen, liegen und broekeln ueberall Truemmer herum, und das nicht nur hier sondern in mehreren Gebieten. Wir klappern natuerlich alle Ansammlungen ab und koennen am Ende keine Kruege mehr sehen. Zum Glueck gibt es noch eine “Minivorlesung” ueber Reispflanzen von einem Mitreisenden, und einen Stopp bei einer gefuerchteten Reisschnapsbrennerei mit selbstverstaendlich obligatorischer Schnapsprobe. Zumindest spuer ich auf den Rueckfahrt weder Ruecken noch irgendwas anderes, und wir fallen im Hotel in einen bitternoetigen Tiefschlaf. Am naechsten Tag nehmen wir uns frei.

  



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3 Responses to “Hochzeitstag”

  1. Guenther/Barbara Says:

    Liebe Maria,lieber Helge,

    congrats to your wedding day and all the best for the next 50 years.Wie war die Hochzeit bei Immo.Wir hören leider gar nichts.

    Beste Grüße

    Barbara und Günther

  2. Guenther/Barbara Says:

    Liebe Maria,lieber Helge,
    congrats to your wedding day and all the best for the next 50 years.Wie war die Hochzeit bei Immo?Wir hören so gar nichts.

    Barbara and Günther

  3. uschi aus altenburg Says:

    ihr landstreicher!!!!!
    ich finde es einfach toll was ihr so treibt. leider braucht ihr keine gouvernante oder sonst eine empleada, die die nicht vorhandenen koffer schleppt. vielleicht das nächste mal.
    reimund und ich werden in h’burg dabei sein. ich freue mich jetzt schon riesig darauf. das mit dem hotel buchen war etwas kompliziert da ich a) h’burg nicht kenne und b) demzufolge den westen dieser stadt auch nicht. martin fortmüller hat ein paar mögliche adressen durchgegeben, aber die waren voll. wahrscheinlich die ganzen goethis.
    aber man staune: wir haben eins gefunden. es heißt 25-hours. nur so, falls ihr ein zimmer braucht. steffi kommt auch, dieter kaufmann ebenso. nur markus kommt nicht, er hat einen termin, den er im januar schon fixiert hat und nicht verschieben kann.
    ok ihr zwei hübschen, genießt die freiheit noch, alles andere kommt eh zu früh.
    uschi la africana und konditorei.
    besos

  4. Posted from Germany Germany

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