Bin gestern zum Century Park geskatet. Das ist der größte Park in Shanghai in Form einer riesigen Grünanlage mit einem beachtlichen See in der Mitte (knapp halbes Maschseeformat) und einigen weiteren Wasserflächen. Man kann sich dort Tretboote oder Fahrräder leihen, Drachen steigen lassen und ähnliches.
Unterwegs habe ich diesen Gesellen von der Fahrrad-/Motorradspur gerettet. Es handelt sich um eine Erdkröte, wie sie auch in unseren Breiten anzutreffen ist. Habe ich zumindest als Kind in Mecklenburg und auch in Polen häufig gesehen. Viele finden Amphibien abstoßend. Ich finde sie cool. Musste ganz schön um das Tier rumlaufen, um das Foto zu machen: Es sprang natürlich immer genau in die falsche Richtung. Habe es in eine Grünanlage gesetzt.
Im Park angekommen, war fast kein Mensch da; wahrscheinlich ist das am Wochenende anders. Gleichwohl der Park sehr groß ist, ragen an allen Seiten riesige Wohnhochhäuser hervor und auch der Verkehrslärm ist wahrnehmbar, so dass die Illusion der Natürlichkeit nie komplett ist. Darüber hinaus ist der Park, wie alles in Pudong, vor relativ kurzer Zeit angelegt worden und die Vegetation ist dementsprechend noch nicht so gereift und üpppig. Ist jedenfalls trotz der beachtlichen Größe nicht schöner als der Stadtpark oder der Berggarten in Hannover.
Auf dieser kleinen Insel ganz rechts, habe ich eine erstaunliche Entdeckung gemacht. Keine Ahnung, was man sich dabei gedacht hat.
Desweiteren gab es einen abgegrenzten Bonsai-Garten. Die Bonsai-Kunst stammt übrigens wie viele andere bei uns für typisch japanisch gehaltene Dinge aus China. Chinesen werden schnell ungemütlich, wenn man das verwechselt. Sie verabscheuen die Japaner als Kulturdiebe und Aggressoren, die sich niemals für die an den Chinesen begangenen Verbrechen im zweiten Weltkrieg entschuldigt haben. Das war in der Tat ein ganz düsteres Kapitel der japanischen Geschichte mit Zerstörung von Kulturgütern, Massakern, Folter, Vergewaltigungen, Entführung von Zwangsprostituierten für die Armee bis hin zu Menschenexperimenten an Chinesen. Insofern ist die Wut der Chinesen angesichts der Weigerung der Japaner diese Schuld anzuerkennen zum Teil verständlich. Ich persönlich habe aber auch den Eindruck, dass die Chinesen da einen gewissen Minderwertigkeitskomplex haben, weil die Japaner zwar die Kultur des großen Mittelreiches weitgehend übernommen aber im letzten Jahrhundert dank Disziplin und Einfallsreichtum weitaus erfolgreicher waren. Immerhin hat es Japan mit nur 10% der Einwohnerzahl Chinas zur zweitgrößten Wirtschaftsmacht zwischen den USA und Deutschland gebracht. Aber den Prognosen zu Folge wird China in diesem Jahrhundert alle diese drei Nationen wirtschaftlich überflügeln, so dass China global wieder die Rolle einnehmen kann, die ihm historisch und auf Grund der Bevölkerungszahl gebührt. Aber zurück zum Bonsai:
Dann ging’s zurück nach Hause über nicht enden wollende Hauptverkehrsstraßen.
Ich hatte erwähnt, dass Pudong vor 1990 lediglich sumpfiges Farmland war. Zwischen den schicken Wohnquatieren und Hochausschluchten habe ich einen Rest des alten Pudong entdecken können. Ein bisschen mulmig war mir schon, da mit meiner Kamera reinzuskaten aber irgendwie packte mich der Reporterdrang. Die Bilder sind mangels zeitaufwändiger Feineinstellung nicht 100%ig scharf, weil ich ungern den zutreffenden Eindruck des Elendstouristen machen wollte. Zwischen einem Dutzend Hunden, Müllhaldencharm und Uringestank bot sich dieser Anblick:
Ich habe keine Vorstellung was diese Menschen hier machen; ob sie auf den Abriss und die Umsiedlung an den Stadtrand warten, wie viele in der Altstadt oder ob sie hier auch in Zukunft ihr Dasein fristen werden.
Was sie wohl empfinden müssen, zwischen dem wachsenden Wohlstand auf ihrer Insel der Armut zu leben?
Tags: Shanghai
Schöne Fotos hast du in Shanghai gemacht.
Leider ist es immer noch so, dass viele Chinesen trotz des steigenden Wachstums im Armut leben. Bloss die Mittel- und Oberschicht konnten ihren Lebensstandard verbessern.